Seit Jahren gibt es Bestrebungen ein Bedingungsloses Grundeinkommen, BGE, für alle einzuführen. Zahlreiche Gruppen haben sich gebildet und versuchen diesen Gedanken in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Ich selbst bin auch ein Verfechter dieser Idee, die jedem Menschen ein würdiges Leben ermöglichen soll, ohne Ansehen der Person.
Die Kritiker dieses BGE führten und führen immer wieder ins Feld diese Art der Alimmentierung sein nicht finanzierbar und würde schlagartig dazu führen, dass die Menschen keiner Erwerbsarbeit mehr nachgehen würden, was die Zerstörung unseres Industriestandortes und die damit einhergehende Verelendung bedeuten würde. Ganz verkürzt also. "Wer soll das bezahlen und wer soll noch arbeiten".
BGE vs. Grundeinkommen
Dieser Argumentation kann man sehr leicht folgen, denn ist es nicht so, dass die aller meisten Menschen ihren Job eher widerwillig machen? Die heutige Arbeitswelt bietet den meisten Menschen keinen Mehrwert durch Arbeit, sie hat sich von der Sinnstiftung durch Arbeit stark entkoppelt und definiert Mitarbeiter als Human Resource, Menschenkapital. Also brauche es einen Zwangsmechanismus um Menschen dazu zu bringen sich an der Wirtschaftsleistung zu beteiligen. Gerne wird in diesem Zusammenhang auf die "faulen Hartzler" verwiesen, an denen man sehr schön erkennen könne, wie der "einfache Bürger" gestrickt sei.
Die Befürworter des BGE halten dagegen, dass die meisten Arbeitnehmer sehr wohl weiterarbeiten würden wenn die Unternehmen entsprechende Anreize zur Arbeit bieten würden. Auch sagen sie das die Gesellschaft durch freiere, sprich nicht in Lohnarbeit verhaftete Menschen, einen kulturellen und gesellschaftlichen Schub erleben würden wie zuletzt in der Renaissance, der befähigt wäre unsere aktuellen und dramatischen Probleme lösen zu helfen. Die immensen Kosten dieser Maßnahme könnten durch eine so genannte Maschinensteuer, sprich die heute nicht vorhandene Besteuerung auf maschinell gefertigte Produkte, erwirtschaftet werden.
Ein neuer Wind
Neuerdings erhalten diese Vorkämpfer des BGE nun breite Unterstützung durch Wirtschaftsverbände und hochrangige Banker welche sich gerne menschenfreundlich zeigen, doch bei den neuen Unterstützern wird nicht mehr von der Bedingungslosigkeit gesprochen. Es soll einfach ein Grundeinkommen geben. Zuerst nannte man das noch Helikoptergeld, bzw eine Form des Helikoptergeldes. Nun ist man auf den Begriff des Grundeinkommens eingeschwenkt.
Die oben aufgeführten Argumentationen machen klar, dass sich die Lager niemals treffen können, denn während die einen die Umverteilung von fleißig nach reich propagieren, wollen die anderen eine gleichmäßige Wertschöpfung aller Partizipanten. Auch für mich ist klar, im aktuellen Wirtschaftssystem kann ein BGE nicht funktionieren da viel zu viele Rahmenbedingungen einfach nicht erfüllt sind um die Früchte eines solchen auch ernten zu können. Es ist in gar keiner Weise ausreichend die Menschen nur mit Geld zu bewerfen und zu glauben, alles würde gut werden.
Industrie 4.0
Warum also dringt die Diskussion immer weiter in den Mainstream vor? Was wollen die neuen Philantropen wirklich?
Durch die Digitalisierung, das Schlagwort dazu heißt Industrie 4.0, werden massenhaft Lohnarbeitsstellen überflüssig. Dies hat natürlich zur Folge, dass die Menschen welche vorher noch in Lohn und Brot waren nicht mehr gebraucht werden und so einerseits die öffentlichen Kassen belasten und andererseits auch nicht mehr als Käufer von Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Dies ist einerseits ein Segen für die Unternehmen, die weniger Lohnkosten und auch weniger Standortkosten (kleinere Fertigungshallen, weniger Sicherheitsbestimmungen, kleinere Büros, uvm.) haben und somit die Rentabilität an der einzigen Stellschraube die sie noch haben signifikant erhöhen können. Im Zuge der aktuellen "Coronakrise" entlassen viele Unternehmen große Teile ihrer Belegschaften. Die Unternehmen bauen also Kosten in großem Stil ab und generieren dadurch indirekt ein betriebswirtschaftliches Wachstum. Man darf in diesem Zusammenhang auch nicht unser Geldsystem vergessen, dass ständiges Wachstum als essentielle Grundvoraussetzung diktiert. Ohne Wirtschaftswachstum geht in unserer Welt gar nichts.
Doch wie steht es um die ganzen Menschen, die in die Arbeitslosigkeit entlassen werden? In der aktuellen Situation, bei sinkender Wirtschaftsleistung, diesmal im volkswirtschaftlichen Sinne, ist nicht davon auszugehen, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die aktuelle Situation kann nicht mit den Strukturwandeln der jüngeren Geschichte verglichen werden als z.B. die Steinkohleförderung eingestellt wurde und es nur darum ging einzelne Region neu zu strukturieren. Die heutige Situation ist auf einer viel höheren Ebene anzusiedeln, da sie einen globalen Maßstab hat. Das heißt im Umkehrschluss es braucht einen globalen Strukturwandel.
Doch wie kann dieser realisiert werden? Das nun seit 13 Jahren praktizierte massenhafte Drucken von Geld, so ist jedem denkenden Menschen klar, kann das Problem nicht lösen. Wir sehen heute sehr deutlich, dass sich riesige Blasen bei fast allen Finanzprodukten gebildet haben die nur darauf warten mit lautem Getöse zu zerplatzen. Es braucht also eine gänzlich neue Idee und da kommt nun das Grundeinkommen wie gerufen.
Im bestehenden Geldsystem ist das Grundeinkommen wirklich nicht finanzierbar, oder würde zu Schulden und Verwerfungen führen wie zu Zeiten der Weimarer Republik, ist also nicht realistisch. Aber wenn unsere Währung mit einem Verfallsdatum versehen würde wie die mittelalterlichen Brakteaten dann könnte das System noch eine ganze Weile überleben. Und hier kommen die neuen digitalen Zentralbankwährungen ins Spiel.
Der digitale Euro
Dem Unbedarften stellt sich die Frage wozu man eine digitale Währung braucht, wenn man doch heute schon "digital", sprich mit Karten oder durch Überweisung bezahlen kann. Die Antwort ist banal. Heute werden Geldbeträge rein passiv verwaltet. Sie können also nur addiert oder subtrahiert werden. Eine Digitalwährung kann aber für jede Währungseinheit einen Algorithmus anwenden, wie z.B. ein Verfallsdatum. Mit diesen Algorithmen könnte man nun ein Grundeinkommen auf das Konto eines Bürgers buchen und wenn dieser das Geld nicht ausgeben will sondern sparen, kann am Monatsende der nicht ausgegebene Betrag anuliert werden. Damit würde man die Menschen indirekt "zwingen" zu konsumieren. Für Händler und Gewerbetreibende kann man die Regelungen anpassen, so dass diese ihr Geld länger aufbewahren können. Theoretisch kann jeder Euro für jeden anders funktionieren.
Auch bietet eine Digitalwährung eine nahezu unerschöpfliche Fülle an Lenkungsmechanismen. Einfaches Beispiel: Wenn ein Mensch an Diabetis leidet, kann man ihm an der Kasse im Supermarkt die Bonbons verwehren. Er kann sie dann schlicht weg nicht bezahlen, da es keine "Genehmigung" für solcherlei Produkte für diesen speziellen Menschen gibt. Dazu muss nur eine ganz einfache Verknüpfung von Gesundheits- und Finanzdaten erstellt werden. Man sieht wohin dies unweigerlich führen würde. Eine totale Diktatur. Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten wie digitale Währungen zur Lenkung und Manipulation eingesetzt werden können bis hin zur Unterwerfung ganzer Staaten. Eines ist jedoch klar, solche Systeme werden nicht zum Wohl der Masse der Menschen geschaffen, sondern verfolgen explizit das Gegenteil.
Da die derzeit Mächtigen aber mit absoluter Sicherheit nicht die Absicht haben ihre Macht abzugeben und das bestehende Wirtschaftssystem nahezu religiös verehrt wird, wird die absehbare Entwicklung auf digitales Helikoptergeld hinauslaufen. Man wird es schön verpacken und von den Marktschreiern bewerben lassen bis es sich unumkehrbar etabliert hat und erst dann werden die Lenkungsmöglichkeiten ausgeschöpft und eine vollständige Finanzdiktatur aufgebaut.
Es sollte sich jeder fragen, ob er unter diesen Umständen für die Einführung eines Grundeinkommens ist oder nicht doch lieber arbeiten gehen sollte. Meiner Meinung nach muss erst das System verändert werden, bevor solche Instrumente eine positive Wirkung auf unsere Gesellschaft haben können.